Das Schützenwesen existierte in vielen Ländern Europas und reicht auch in Westfalen weit zurück - weiter als die schriftlichen Überlieferungen, die immerhin ins 13. Jahrhundert zurückführen. Auch das Vogelschießen und die Schützenfeste haben eine jahrhundertealte Tradition. Im Gegensatz zum 19. und 20. Jahrhundert, in dem die Schützenvereine ausschließlich der Freude und der Geselligkeit dienten und die Feste ruhige Zeitläufe und einen gewissen Wohlstand voraussetzten, so daß bei Krieg und sonstigen Notzeiten Schützenvereine sich auflösten, zumindest aber keine Schützenfeste abgehalten wurden, waren die Vereinigungen der Schützen ursprünglich ausgesprochene Notgemeinschaften.
Zwar gab es für die seit der Zeit Karls des Großen in der Mehrzahl hörigen Bauern keine Heerbannpflicht mehr, da nur noch die adeligen Ritter und Dienstmannen in den Krieg zogen, aber zur Abwehr räuberischer Überfälle und Verfolgung von Verbrechern und Banden wurden die Eingesessenen einer Bauernschaft oder eines Kirchspiels immer noch zur Landwehr aufgerufen. Anfangs nur mit Spieß und Speer bewaffnet, wurden sie seit dem 15. Jahrhundert im Gebrauch der Armbrust und später auch der Feuerwaffen geübt. Selbst wenn die schriftliche Überlieferung schweigt, kann man für jede Bauernschaft und jedes Kirchspiel eine solche behördlich angeordnete Selbstschutzvereinigung (dies ist die ursprüngliche Bedeutung des Schützenvereins) annehmen.
Oft waren die Schützenvereine auch mehr als weltliche Vereine und dienten nicht nur militärischen Zwecken. Als kirchliche Bruderschaften pflegten sie gemeinsames Gebet und Gottesdienst, begleiteten ihre Toten mit der Vereinsfahne und in geschlossenem Aufzug zum Grabe, ließen Seelenmessen lesen und feierten das Fest ihres Schutzpatrons, der dem Schützenverein den Namen gegeben hatte und meist mit dem Patron der Ortskirche identisch war.
Das regelmäßige Exerzieren mit der Waffe und die stete Bereitschaft waren natürlich eine lästige Aufgabe. Man entschädigte die Landwehrpflichtigen durch ein alljährliches Schießen nach dem Vogel auf der Stange und ein anschließendes Fest der Schützen, zu welchem der Landesherr nicht selten ein Fäßchen Bier spendierte.
Seit dem 16. Jahrhundert nahm die militärische Bedeutung der Schützen mehr und mehr ab, da sich die Landesherren immer ausschließlicher auf ihre Söldnerheere verließen. Die Schützenfeste aber wurden beibehalten und entwickelten sich fern ihres ursprünglichen Zwecks zu dörflichen Zusammenkünften, auf denen das Essen und Trinken (um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen) Hauptsache wurden.
Die Entwicklung in den Städten verlief ähnlich. Auch hier waren die Schützenvereine abrufbereite Wehrgemeinschaften und eigentlich so alt wie die Befestigungsanlagen der Stadt, die sie zu schützen hatten. Vielfach lehnten sie sich die Organisation der Zünfte an. Je weiter die Kriegstechnik sich entwickelte, desto teurer waren die Waffen und desto häufiger mußte geübt werden. Dieses konnten sich auf die Dauer nur die Besitzer von Haus und Grund, d.h. der begüterte bürgerliche Mittelstand, leisten. Sie schlossen sich als Bürgerschützen zu Schützengesellschaften zusammen, die miteinander um Vornehmheit konkurrierten.
Spätestens mit dem Aufkommen der schweren Feuerartillerie waren sie militärisch überflüssig und wurden seit dem 18. Jahrhundert nur noch gelegentlich für polizeiliche Aufgaben (z.B. als Flur- und Feldschützen und zur Abwehr sozialer Unruhen) und zu sogenannten Ehrendiensten bei verschiedenen offiziellen Anlässen (z.B. Begräbnissen, Prozessionen und Besuchen hochgestellter Persönlichkeiten) herangezogen.
In der Stadt wie auf dem Lande starb also die militärische Tradition der Schützenvereine ab; erhalten blieb eine Tradition der ursprünglich peripheren Bräuche, vor allem die des Schützenfestes, das sich vielerorts zum Höhepunkt des gesellschaftlichen Lebens einer Gemeinde entwickelte.
Es war und blieb aber zunächst eine reine Männerangelegenheit, auf der Frauen und Kinder nichts zu suchen hatten und das eher exklusiven als Volksfestcharakter hatte. Was ursprünglich als Ausgleich und Belohnung für einen mühevollen, bisweilen auch lebensgefährlichen Einsatz gedacht war, nämlich deftiges Essen und Trinken in dieser Männerrunde, die dadurch auch zu stärkerer Kameradschaft und Kampfbereitschaft gebracht werden sollte, artete mancherorts in Freßorgien und wilde Saufgelage aus. So genoß das Schützenwesen gegen Ende des 18. Jahrhunderts kaum das Wohlwollen der Behörden.
In der Franzosenzeit wurden die Vereinigungen, falls sie nicht von selbst eingeschlafen waren, verboten bzw. in Überschätzung ihres militärischen Wertes aufgefordert, alle Schußwaffen abzuliefern. Als man in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts daranging, Schützenvereine neu zu gründen, geschah dies vielleicht in bewußtseinsmäßiger Anknüpfung an frühere Schützenvereinigungen oder Bruderschaften, eine personelle oder organisatorische Kontinuität gab es kaum.
Quelle: Homepage des Bürgerschützenvereins Sassenberg 1839 e.V.: Das westfälische Schützenwesen (http://www.buergerschuetzenfest.de/westfshw.htm)
Die Ursprünge des westfälischen Schützenwesens sieht man heute allgemein in Flandern und Brabant, wo sich im 13. und 14. Jahrhundert innerhalb der zur Verteidigung ihrer Städte verpflichteten Bürgerschaft spezialisierte Schützengesellschaften bildeten. Der Gebrauch von Schußwaffen, zunächst Bogen und Armbrust, später Gewehr, war kostspielig und erforderte viel Übung. Für den effektiven Einsatz der Waffe war zudem ein Zusammenwirken aller Schützen, ein festes Reglement und regelmäßiges Exerzieren notwendig. Der enge Zusammenschluß aller Schützen in einer Schützengilde oder -bruderschaft, eine einheitliche Montur, gemeinsamer Gottesdienstbesuch und Begräbnisbegleitung förderten diesen Zusammenhalt. Von Zeit zu Zeit wurden Schießwettbewerbe abgehalten, bei denen zunächst auf Scheiben, später auch schon auf einen Vogel geschossen wurde. Verbunden war das Wettschießen mit einem festlichen Gelage. Manche Aspekte dieses städtischen Schützenwesens, das für 1378 auch schon in Dortmund nachweisbar ist, dürften Vorbild für Schützengesellschaften und Schützenfeste in westfälischen Kleinstädten und Bauernschaften gewesen sein.
Seit dem Spätmittelalter hatten die Burgen sowie die Wehranlagen der kleineren Städte keine militärische Bedeutung mehr für die Landesverteidigung. Für den Selbstschutz der Bürger blieben sie aber wichtig. Obwohl keine Unterlagen darüber vorhanden sind, kann man davon ausgehen, daß alle Bewohner der Burg und der Freiheit Oeding in Gefahrensituationen verpflichtet waren, die Wehranlagen zu besetzen und zu verteidigen. Vor allem in der Zeit des spanisch-niederländischen Krieges 1568 bis 1648 dürften die Bewohner dadurch trotz der grenznahen Lage vor den umherstreifenden kleineren Soldatengruppen einigermaßen sicher gewesen sein. Bei größeren Angriffen besaß man zusätzlich die Möglichkeit, sich in die Burg zurückzuziehen. Das Vorbild Oedings trug möglicherweise dazu bei, daß die Bewohner Südlohns in diesem Krieg ebenfalls danach strebten, ihr Dorf zu befestigen und es im Jahre 1597 ebenfalls mit Wall und Graben umgaben.
Neben dem Burgherrn hatten auch die Landesfürsten ein besonderes Interesse an einer wehrhaften Bevölkerung. Besonders von Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen wird immer wieder berichtet, daß er die Schützengesellschaften gefördert habe.
In vielen Orten des Westmünsterlandes läßt sich feststellen, daß im 18. Jahrhundert die Junggesellen die wichtigsten Träger des Schützenwesens waren. Eine feste Gemeinschaft bildeten die Junggesellen, die nicht nur für die Verteidigung der Burg und der Freiheit eine besondere Bedeutung besaßen, sondern auch in Friedenszeiten bei verschiedenen Anlässen in Erscheinung traten. 1766 erhielten sie am 25. Mai vom Oedinger Pater eine halbe Tonne Bier, als sie beim Bau der neuen Kirche die Steine aus dem Steinofen holten. Als das Kirchspiel Südlohn 1777 verpflichtet wurde, einen Rekruten zu stellen, trafen sich die Oedinger Junggesellen zu einer Besprechung und zur Zahlung eines „Rekrutengeldes“, mit dem ein Freiwilliger angeworben und ausgerüstet werden konnte.
Einen Zwischenfall mit den Südlohner Junggesellen gab es im Jahre 1807 während der Einführungsfeierlichkeiten für den neuen Pfarrer Averesch. Oeding besaß zwar eine eigene Missionsstation mit regelmäßigen Gottesdiensten, gehörte aber kirchlich zur Pfarrei St. Vitus. Zur Begrüßung des neuen Pfarrers wollten daher auch die Oedinger Junggesellen geschlossen mit ihren Waffen in das Wigbold Südlohn einziehen. Dies wurde jedoch von den Südlohner Junggesellen nicht geduldet. Sie zwangen die Oedinger, den Ort wieder zu verlassen und stellten zur Sicherheit am Stadttor eine Wache auf.
Nach Aussage der Festschrift zum 150-jährigen Bestehen des Bürgerschützenvereins Oeding aus dem Jahre 1956 soll dieser im Jahre 1806 erstmals in den Annalen der Kirche erwähnt worden sein. Leider ist dieser Beleg heute nicht mehr bekannt. Daß es in dieser Zeit jedoch bereits eine Schützenfesttradition gab, zeigen die Festlichkeiten anläßlich der Geburt von Napoleons Sohn im Jahre 1811, an denen neben den Junggesellen alle Bürger lebhaften Anteil nahmen.
Nachdem im März 1811 der Sohn des Kaisers Napoleon geboren worden war, der schon mit der Geburt den Titel König von Rom erhielt, wurden für den 9. Juli 1811 allgemeine Jubel- und Danksagungsfeiern verordnet. Die Art der Feiern wurde den Ortsbehörden freigestellt, „nur bemerke ich Ihnen, dass dieselben am schicklichsten auf eine dem bisherigen Herkommen gemäße Art, durch Volksfeste – wie fast jeder Ort welche hat – gefeiert werden können.“ In Oeding, wie in allen Nachbarorten, wurde daraufhin ein Schützenfest gefeiert, über dessen Verlauf die Bürgermeister Johann Bernhard Hoying und Franz Sicking berichteten:
„Durch dieses haben wir untergeschriebenen Bürgermeisters des Fleckens Oeding die Ehre Euer Hochwohlgeboren pflichtmäßig und gantz gehorsamst darzustellen, wie wir am 9ten dieses Monats das feierliche Geburtsfest von unserem gnädigsten König von Rom begangen haben.
Vormittags haben die Junggesellen festlich geschmückt mit klingender Musik unsern Stationar, den Ehrwürdigen Franziskaner Pater Nicolaus Oldenkotte aus der Mission zur Kirche abgeholet, woselbst das Hochamt gehalten und nach dem Hochamt das Te Deum gesungen wurde. Die Schützen Kompagnie stand in Parade unterm Gewehr vor die Kirche. Eins wurde unterm Segen gefeuert. In gleicher Ordnung nach abgehaltenem Gottesdienst begleitete die Kompagnie unseren Pater wiederum zur Mission.
Ein gleiches geschah nachmittags nach verrichteter Andacht zogen die Rathsglieder und sämtliche Bürgergemeinschaft mit den Junggesellen mit klingende Musik ab. Der Zug ging zur Vogelruthe. Voran trug der Älteste der Gemeinde den Kayserlichen Adler. Nach verrichtetem Gebeth nahm das Vogelschießen seinen Anfang. Jeder wetteiferte an diesem höchst merkwürdigen Tage um die Ehre Vogelkönig zu werden. Unter allen wurde aber dem Junggesellen Anton Pas dieses Glück zu Theil. Tanz und Spiel vergnügte darauf die versammelte Gemeinde – abends war Illumination. Überall herrschte die schönste Ordnung und ungeheuchelte Freude. Überall erscholl ‚Es lebe unser Kayser Napoleon, es lebe unsere Kayserin Louise, es lebe der König von Rom’. Der anbrechende Tag endete dieses Fest.“
Neben den Junggesellen in Oeding gab es eine eigene Junggesellenvereinigung in Nichtern, die sich am 15. Juni 1791 im Hause Rensing in Oeding eine Satzung gab und bis 1838 ein Protokollbuch führte. Darin wurden die Offizierswahlen und die Einnahmen an Bier und Schnaps beim „Schatten“ (Glückwünschen bei Hochzeiten) festgehalten. Nur für das Jahr 1823 wird auch ein Vogelschießen erwähnt. Nach einem Unglücksfall im Jahre 1854, bei dem ein Knecht des Bauern Ehbing ums Leben kam, sollen in Nichtern keine Schützenfeste mehr stattgefunden haben.
Am 24. Juli 1848 erschien eine Deputation der Oedinger Junggesellen beim Amtmann von Basse und beantragte die polizeiliche Genehmigung für ein Vogelschießen am 31. Juli 1848. Gleichzeitig bat man darum, dem besten Schützen 5 Taler aus der Gemeindekasse zu zahlen. Das Vogelschießen wurde genehmigt unter der Auflage, daß die Gewehre vorher gehörig untersucht würden und das Laden 12 Schützen übertragen würde, die gedient hätten. „Dem Antrag den besten Schützen aus der Gemeinde-Kasse 5 Thaler zu bewilligen, hat bei den Gemeinde-Verordneten keinen Anklang gefunden.“
Als die Oedinger Junggesellen 1861 ein Schützenfest planten, erhob der Amtmann von Basse am 14. Juli 1861 Einspruch dagegen. Im Monat zuvor hatte eine große Überschwemmung bedeutende Schäden in Oeding angerichtet und mehrere Einwohner hatten um Unterstützung aus einem Grundsteuer-Deckungsfonds nachgesucht. Der Amtmann verlangte, daß entweder das Schützenfest oder die Unterstützungsanträge fallengelassen werden sollten. „Entweder muß das Fest unterbleiben oder das Unterstützungsgesuch, besser dürfte das Erster sein, da die Eltern die Gelder besser werden verwenden können, als daß sie von den Kindern auf dem Schützenfeste verzehrt werden.“
Eine Beschwerde der Oedinger Junggesellen beim Landrat von Kerckering-Borg hatte keinen Erfolg, denn dieser antwortete am 26. Juli 1861: „Auf die Eingabe vom 22. des Monats wegen Abhaltung eines Schützenfestes Seitens der Oedinger Junggesellen, eröffne ich Ihnen, dass ich mich nicht veranlasst finde, die abweisende Verfügung des Herrn Amtmannes von Basse aufzuheben. Durch die große Überschwemmung Oedings im vorigen Monat hat dieser Ort sehr erheblichen Schaden erlitten und sind in Folge dessen mehrere Anträge auf Unterstützung aus dem Grundsteuer-Deckungsfonds in Antrag gebracht. Es kann unter solchen Umständen nicht angemessen erscheinen, dass die Einwohner von Oeding zu unnöthigen Ausgaben veranlasst werden, zumal das Schützenfest durchaus nicht regelmäßig alle Jahre gefeiert wird. Zudem würde es rücksichtlich der Bewilligung der genannten Unterstützungen einen üblen Eindruck machen, wenn die Eingesessenen von Oeding kurze Zeit nach einem Unglücksfall zu unnöthiger Feier von Festen übergehen und sich in überflüssige Unkosten versetzen. Außerdem hat sich herausgestellt, dass die älteren Einwohner von Oeding unter Berücksichtigung obiger Verhältnisse gegen die diesjährige Feier eines Schützenfestes gestimmt sind. Es erscheint daher angemessen, die Feier des Schützenfestes auf ein anderes Jahr zu verschieben.“
Landrat von Kerckering-Borg bestätigt am 26.Juli 1861 das Verbot des Schützenfestes, ausgesprochen durch den Amtmann von Basse
Quelle: Gemeindearchiv Südlohn: B 742, C 164, D 395, D 397. Stadtarchiv Stadtlohn: P 13
In Oeding ist das Schützenfest seit unbekannter Zeit traditionell mit der Kirmes verbunden, die als Kirchweihfest stets am Wochenende nach dem Festtag des Pfarrpatrons St. Jakobus gefeiert wurde. Im Gegensatz zur Kirmes fanden die Schützenfeste aber nur unregelmäßig mit mehreren Jahren Abstand statt. Gab es kein Schützenfest, so veranstalteten in den Jahren 1910 bis 1914 verschiedene Wirte wie Heinrich Demes, Bernhard Paskert, Josef Kötters und die Witwe von Bernhard Sicking jeweils „öffentliche Tanzlustbarkeiten“ während der Kirmes. Gelegentlich gab es auch kleine „Kirmesnachfeiern“, so 1912 auf der Kegelbahn beim Wirt Edmund Paß, wo mit einer Harmonika musiziert wurde.
Eine Akte im Gemeindearchiv gibt für die Zeit von 1910 bis 1927 einige Informationen zum Schützenfest und zur Kirmes in Oeding. Bis zum Ersten Weltkrieg hatte die Kirmes in Oeding demnach noch keine besondere Bedeutung. Nur wenige Schausteller bemühten sich um eine Zulassung. So bat 1910 der Karussellbesitzer August Farwick aus Stadtlohn um Reservierung des Schulplatzes und um Fernhaltung weiterer Fahrgeschäfte, „denn zwei lohnt der Mühe nicht“. Er erschien auch in den folgenden Jahren in Oeding. 1914 kamen Karl Renoldi aus Bochum mit Ringwerfen und „Wunderrollenverkauf“ sowie der Schieß- und Wurfhallenbesitzer Alarich Kaminski hinzu.
In den Kriegsjahren von 1914 bis 1918 unterblieben fast alle Festlichkeiten. Als Pfarrer Becker am 22. Juli 1916 angesichts der vom Papst angeordneten Generalkommunion aller Kinder und „des Ernstes der Zeit“ die Amtsverwaltung darum bat, keine Karussells oder andere Vergnügungs-Veranstaltungen für Kinder zu gestatten, antwortete der Amtmann Bohnenkamp: „… dass während des Krieges besonders darauf Bedacht genommen wird, Vergnügungs-Veranstaltungen nach Möglichkeit zu vermeiden und wird dies auch bezüglich der Oedinger Kirmes geschehen.“
Nach Kriegsende organisierten die heimgekehrten Krieger Oedings und Nichterns bereits am 2. Februar 1919 eine „Kriegerheimkehrfeier“ im Saale Kötters. Anschließend formierten sich die Junggesellen wieder neu. Am 9. und 10. Februar 1920 veranstalteten sie ein Familienfest im Saale Theo Paß, und auf Kirmes des gleichen Jahres am 26. Juli 1920 eine Tanzveranstaltung im Lokal Paskert. Es scheint auch schon ein Vogelschießen gegeben zu haben, denn ein Schützenschild vermeldet den König Ludwig Höing und die Königin Auguste Mensinck, jedoch ohne den Zusatz „Junggesellenschützenfest, der in den folgenden drei Jahren auf der Königskette zu erkennen ist. Am 20. Juli 1921 beantragten der Bäcker Franz Hoeper und der Kaufmann Wilhelm Paß als Vorstandsmitglieder der Schützengesellschaft Oeding-Nichtern die Erlaubnis zum Vogelschießen am 1. August 1920. Sie verpflichteten sich persönlich, mit ihrem ganzen Vermögen für etwaige Schadensfälle zu haften. Die Kirmes nahm ebenfalls an Attraktivität zu. So erkundigte sich Carl Birkeneder, der eine „elektrische Berg- und Talbahn“ betrieb, nach einem Stellplatz. Es erschien der Schausteller Wilhelm Winterberg mit einer Schiffsschaukel, einem Ringwerfen und einer Drehscheibe. Franz Schräder errichtete eine Bude, an der mittels Würfel, Kugel und Drehbrett „Galanterie- und Kurzwaren“ ausgespielt wurden, und Paula Salus kam mit einem Kinderkarussell.
Schon im folgenden Jahr 1922 wurde erneut ein Schützenfest gefeiert, zu dem der Buchhalter Paul Hecker und der Invalide Franz Hoeper als Vorstandsmitglieder des Junggesellen-Schützenvereins Oeding die Genehmigung beantragten. Josef Kötters erhielt die Erlaubnis, eine Tanzveranstaltung im Festzelt der Junggesellen veranstalten zu dürfen. Neben verschiedenen Kirmesbuden erschien diesmal auch ein Zirkus mit dressierten Tieren.
Auch jenseits der Grenze erfreuten sich Oedinger Kirmes und Schützenfest großer Beliebtheit. Zur Teilnahme am 30./31. Juli und 1. August 1922 wurde es den Holländern erleichtert, die Grenze bei Kotten zu überschreiten. Von morgens 8 Uhr bis abends 11 Uhr war es möglich, ohne Paß und Durchlaßkarte die Grenze gegen eine Gebühr von täglich 25 Cents zu passieren. Als Ausweis diente eine holländische Identitätskarte mit Lichtbild und eine von der Durchlaßstelle Kotten-Oeding ausgefertigte und gestempelte Bescheinigung, die bei der Rückkehr nach Holland wieder abzugeben war. Es wurde gebeten, ein Mitglied des Schützenvereins zur Hilfe des Polizeibeamten zu entsenden. Die Abrechnung ergab, daß an den drei Tagen 3102 Holländer über die Grenze nach Oeding gekommen waren, um an den Festlichkeiten teilzunehmen.
Genehmigung zur Erleichterung des Grenzübertrittes für Holländer aus dem Jahre 1923
1923 wurden erneut zahlreiche Niederländer erwartet und das Fest unter einem karitativen Thema abgehalten. „Der hiesige Schützenverein beabsichtigt in diesem Jahr gelegentlich der Kirmes am 29., 30. und 31. Juli ein Schützenfest zu feiern. Wie in früheren Jahren werden sich auch jetzt die benachbarten Holländer zahlreich an dem Feste beteiligen. Die Einnahme an der Grenze betrug im Vorjahre nach unserer Schätzung hfl. 200,-. Es wird erwartet, dass sich die Einnahme in diesem Jahre noch erhöht. Der beim Grenzübertritt von den Holländern erhobene Betrag soll zur Erweiterung der hiesigen Lungenfürsorgestelle dienen, und bittet der Vorstand im Interesse der guten Sache, die Abhaltung des Festes zu genehmigen und wenigstens für 2 Tage die Tanzerlaubnis zu erteilen.“
Die Zahl der Schausteller war wiederum groß. Es erschienen der Kettenkarussellbesitzer Heinrich Schulz aus Stadtlohn-Wessendorf, der Schiffsschaukelbesitzer Anton Grintz aus Bocholt, Frau Schulz aus Burgsteinfurt mit einer Würfelbude und Kunstkegelspiel, Otto Wolf aus Stadthagen mit einem Kraftmesser, Wilhelmina Winter aus Herford mit Vorstellungen gymnastischer Übungen sowie zwei Würfelbuden zum Ausspielen von Galanteriewaren. In dieser Zeit der Inflation betrug das Platzgeld pro laufenden Frontmeter 20000,- Mark, eine Karussellfahrt 2000,- Mark, ein Schlag am Kraftmesser 1500,- Mark.
1924 beantragte Theo Niehaus im Namen des Junggesellen-Schützenvereins Oeding-Nichtern die Genehmigung für ein Schützenfest am 27., 28. und 29. Juli, mit Konzert am 29. Juli und den üblichen Umzügen an allen drei Tagen.
Am 2. Juli 1925 bat der Fabrikant Engelbert Schulten als Mitglied der Schützengesellschaft Oeding zum ersten Mal nach dem Krieg um die Genehmigung für die Abhaltung eines allgemeinen Bürger-Schützenfestes Oeding-Nichtern vom 26. bis 28. Juli. „Geplant sind am 26.7. Umzug, am 27. Juli nachmittags 1 Uhr Vogelschießen und anschließend Ball bis 12 Uhr, am 28. Juli 1925 nachmittags bis 12 Uhr Ball. Für etwaige Unglücksfälle haftet der ganze Vorstand und die ganze Gesellschaft mit ihrem ganzen Vermögen.“ Vom Verein waren 60 Mark Lustbarkeitssteuer und 10 Mark Verwaltungsgebühr, vom Wirt Mensinck 30 Mark Lustbarkeitssteuer, 5 Mark Verwaltungsgebühr für Tanz und 5 Mark Verwaltungsgebühr für die Schankerlaubnis zu zahlen. Nach einem Jahr Pause wurde erst 1927 wieder ein Schützenfest gefeiert.
Antrag von Engelbert Schulten am 02. Juli 1925 zur Genehmigung eines allgemeinen Bürgerschützenfestes Oeding-Nichtern
Am 14. Juli 1928 beantragte der Kaufmann Paul Hecker die Abhaltung eines Sommerfestes in einem eigens errichteten Festzelt. Geplant waren am Sonntag, 29. Juli um 11 Uhr vormittags ein Frühschoppenkonzert, um 4 Uhr nachmittags ein Umzug, von 5 bis nachts 2 Uhr Ball. Am 30. Juli war 9 Uhr vormittags Antreten der Schützen, Umzug durchs Dorf und anschließend Preisschießen mit leichten Gewehren. Nachmittags 4 Uhr Polonaise durchs Dorf und anschließend bis 2 Uhr Ball. Erstmals war der Verein für beide Tage gegen Unfälle versichert. Die Genehmigung für das Preisschießen im Oedinger Busch wurde nicht erteilt, da Schießwettbewerbe abgesehen von volkstümlichem Vogelschießen nur auf Schießständen stattfinden durften. Lediglich ein Schießwettbewerb mit Luftgewehren wurde genehmigt. Da dem Amtmann aber zu Ohren kam, daß dennoch in einem tiefen Graben beim Gehöft Böcker mit Feuerwaffen und unerlaubterweise mit Böllern geschossen werden sollte, erhielt der Oberlandjägermeister Seeland in Stadtlohn den Auftrag, der Veranstaltung besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Im Jahre 1930 kamen im Lokal des Wirtes Joseph Kötters mehrere Nichterner zusammen und faßten den Entschluss, angesichts der Größe der bisherigen Schützenfeste lieber einen eigenen Bauernschützenverein zu gründen. Die Gründungsversammlung am zweiten Ostertag bei Schmittmann am Gabelpunkt war ein voller Erfolg, so daß sich der bisherige Schützenverein Oeding-Nichtern in den Bürgerschützenverein Oeding und den Bauernschützenverein Nichtern teilte.
An den deutschen Schießsportverband meldete die Amtsverwaltung am 21. März 1936 auf eine Anfrage zu den bestehenden Schützenvereinen: Allgemeiner Bürgerschützenverein Oeding (Vorsitzender: Josef Schulze-Hessing, Oeding-Nichtern) Schützenverein Sickinghook in Oeding (Schriftführer: Franz Schmitz, Oeding-Nichtern) Junggesellenverein Oeding (Vorsitzender: Willi Harmeling, Bäcker in Oeding).
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es schon bald zur Neugründung der Schützenvereine. In einer vom Kreisdirektor an die britische Militärregierung ergangene Meldung vom 23. Juli 1948 heißt es bezüglich der früher bestandenen und bestehenden Schützenbruderschaften: Allgemeiner Schützenverein Oeding und Schützenverein Nichtern bei Oeding. Bereits 1947 hielt man das erste Schützenfest ab. Am 22. August 1947 erschien der kaufmännische Angestellte Heinrich Schoofs aus Oeding-Nichtern 136 auf der Amtsverwaltung und erklärte, daß der Schützenverein Oeding beabsichtigte, am Sonntag, 24. und Montag, 25. August 1947 ein Schützenfest zu feiern. Folgende Veranstaltungen waren vorgesehen:
„Sonntag, den 24. August:
Die Tanzveranstaltung findet im eigens zu diesem Zweck gemieteten Zelt statt. Zeltverleiher ist Josef Langela aus Ramsdorf. Ausschank übernimmt der Wirt Theo Paß aus Oeding. Die Militärregierung erhebt gegen die Veranstaltung keinerlei Bedenken.“
In ähnlicher Weise verlief das Fest auch am 25./26. Juli 1948. Die Schützenfeste 1947 und 1948 sind auf den Schützenschilden als Junggesellenschützenfeste bezeichnet. Im Jahre 1950 wird der Verein bei der amtlichen Genehmigung des Schützenfestes erstmals als „St. Jakobi-Schützenverein Oeding“ bezeichnet.
Quelle: Gemeindearchiv Südlohn: B 742, C 164, D 395, D 397. Stadtarchiv Stadtlohn: P 13
Auszug aus der Festschrift von 1956:
Wie bereits im Geleitworte erwähnt erscheint der heutige Jubelverein in den Annalen der Kirche erstmalig im Jahre 1806. Doch darf mit Bestimmtheit angenommen werden, daß er schon lange vorher bestanden hat, da die alte, erste, kleine „Missionskirche“ in Oeding bereits 1765 erbaut, 1767 eingeweiht und bereits damals unter den Schutz des Heiligen Jakobus gestellt wurde. Im Jahre 1811 erhielt der Verein, soweit bekannt, seine erste Fahne, die leider am Schlusse des letzten Weltkrieges auf „ungeklärte Weise“ verloren ging. Bald nach der sogenannten „Währungsreform“ im Jahre 1948 drängten die Schützenbrüder natürlich auf Ersatz, und so wurde zunächst, da das Geld noch sehr knapp war, eine schlichte, einfache Fahne beschafft, jedoch mit dem festen Willen, diese möglichst bald durch eine würdigere Vereinsfahne zu ersetzen, was im Jahre 1956 – zum 150-jährigen Jubiläum – geschehen ist. Unsere Vorfahren hielten es mit dem „Festefeiern“ etwas anders wie heute. Wenn man auch heute so gern von der „guten alten Zeit“ spricht, so saß bei ihnen doch das Geld fester, und so ist es erklärlich, daß in den ersten Jahrzehnten seit Bestehen des Vereins nur wenig gefeiert wurde. Die noch heute vorhandene Königskette stammt aus dem Jahre 1887, und von diesem Zeitpunkte ab fiel bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges nur in fünf Jahren ein Königsschuß. Die Kette gibt uns nun heute noch Aufschluß über die Königspaare, die seit 1887 für ein oder mehrere Jahre das Zepter führten. So wird als erstes Königspaar Engelbert Wegmann und Sophia Mensinck erwähnt, letztes Königspaar vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges waren Otto Böcker und Theresia Thesing.
In diesem Zeitraum fungierten der Gastwirt Edmund Paß als Oberst, und als Major des Schützenbataillons führte der Gastwirt Heinrich Demes das Kommando. An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß es dem damaligen Obersten Edmund Paß zu verdanken ist, daß seit seiner Amtstätigkeit als Oberst des Vereins die noch heute so sehr bewunderten, holländischen Prachtgespanne in Oeding das Königspaar und sein Gefolge aufnehmen.
Seit 1909 wurde bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 kein Schützenfest mehr gefeiert, und die Jahre des Krieges waren ebenfalls nicht dazu angetan, Feste zu feiern. Viele, ja sehr viele Vereinsmitglieder kehrten von den verschiedensten Fronten des weltweiten Krieges nicht mehr in die Heimat zurück. Nur so langsam fanden sich die Vereinsangehörigen sowie neue, begeisterte Schützenfreunde zusammen, um schließlich im Jahre 1920 wieder ein Bürgerschützenfest zu feiern. Erstes Königspaar nach dem Krieg waren Ludwig Höing und Auguste Mensinck. Wie bereits erwähnt wurde vor dem Ersten Weltkriege wenig gefeiert; es genügte eben den alten Bürgern ein schönes Fest in drei oder fünf Jahren. Das änderte sich aber seit 1920, als die letzten Soldaten aus der Gefangenschaft heimgekehrt waren und diese, sowie andere Junggesellen den Wunsch äußerten, nunmehr alljährlich ein Schützenfest zu feiern. So kam es 1921 dazu, daß in diesem Jahre nur die Junggesellen des Vereins offiziell feierten.
Bei allen Schützenfesten, die die Junggesellen des „St. Jakobi-Schützenvereins“ „unter sich“ feierten, fungierten als Oberst der Gastwirt Theo Paß und als Major Hermann Wameling.
Das Jahr 1931 blieb bei den Bürgern und Schützenbrüdern stets in Erinnerung, als in dem genannten Jahre besonders auf Initiative des Krieger- und Schützenvereins hin den Gefallenen des Ersten Weltkrieges das schöne Ehrenmal an altehrwürdiger Stätte errichtet wurde. An seiner feierlichen Einweihung nahmen damals zahlreiche Krieger- und Schützenvereine der näheren und weiteren Umgebung teil.
Schon bald nach den Schützenfesttagen des Jahres 1939, in dem Theodor Penno und Agnes Lefting regierten, begann der Zweite Weltkrieg. Hatte schon der Erste Weltkrieg große Opfer an Menschenleben gefordert, so waren die Opfer dieses letzten, unglückseligen Krieges noch ungleich größer. Viele brave Männer und Frauen mußten ihr Leben lassen. Viele kehrten als Krüppel oder nach langen Jahren der Gefangenschaft in die Heimat zurück. Riesengroß ist die Zahl der Vermissten, auf deren Rückkehr so manche lieben Familienmitglieder meist vergeblich gehofft haben. So war es begreiflich, daß man sich nur langsam an den Gedanken einer Schützenfestfeier gewöhnen konnte, zumal für das Aufleben des Vereinslebens seitens der Besatzungsmächte so manche Bestimmung hindernd im Wege stand. Doch 1947 versammelte auch der Bürgerschützenverein wieder seine Mitglieder und faßte den Beschluß, ein erstes Schützenfest zu feiern. Königspaar dieses ersten Nachkriegsfestes war Heinrich Lefting und Martha Schulze-Hessing. Noch herrschte in diesem Jahre das „Schießverbot“ der Besatzungsmächte, weshalb der Vogel mit Wurfgeschossen aller Art heruntergeholt wurde.
Bis zum Jahre 1951 fielen die Königsschüsse an einer fast historisch gewordenen Stelle: am alten Schießplatz „Hinterm Busch“. Doch die alte und vertraute Stätte mußte verlassen werden. 1952 wurde die Vogelstange feierlichst zum „Oedinger Busch“ transportiert, wo Frau Schulze-Hessing liebenswürdigerweise einen schönen, geeigneten Platz zur Verfügung stellte, der den Vorteil hat, in unmittelbarer Nähe des Dorfes zu liegen.
Auch das Jahr 1954 ist in den Akten des Vereins besonders hervorgehoben, denn in diesem Jahre ging ein langgehegter Wunsch aller Schützenbrüder in Erfüllung: neue Gedenktafeln im Kriegerehrenmal mit den Namen aller Gefallenen und Vermißten der Gemeinde, einschließlich derer der hier ansässig gewordenen Heimatvertriebenen, fanden im Beisein der Geistlichkeit beider Konfessionen sowie zahlreicher Angehörigen der Gefallenen und Vermißten sowie der ganzen Gemeinde ihre kirchliche Weihe, wobei die Südlohner Musikkapelle sowie der Oedinger Kirchenchor wesentlich zur Verschönerung der Feier beitrugen. Außer den bereits erwähnten Obersten und Majoren haben sich im Laufe der Jahrzehnte um die Entwicklung des Vereins besondere Verdienste erworben der Fabrikant Engelbert Schulten als langjähriger Präsident sowie Lehrer i.R. Bernhard Krüger als Schriftführer. Von den Majoren, die im Laufe der letzten Jahrzehnte das Kommando führten, wirkte der Bäckermeister Wilhelm Hoeper wohl die längste Zeit, soweit der Verein als Ganzes und nicht nur die Junggesellen feierten, nämlich von 1909 bis 1934. 1956 zum 150-jährigen Bestehen befehligten das Schützenbataillon Gastwirt Josef Thesing als Oberst und Schmiedemeister Bernhard Hoeper als Major, der in den vergangenen Jahren bereits mehrere Male das Kommando führte.
In kurzen Zügen wurde im bisher Gesagten ein Streifzug durch die ersten 150 Jahre des „St. Jakobi-Schützenvereins Oeding“ gemacht. Gerade die Zeit Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts war eine bewegte Zeit, die Krieg und Frieden sah, Niedergang und Wiederanstieg unseres Volkes. Der Verein wird weiterhin bemüht sein, das Erbe der Gründer treu zu pflegen und an die Zukunft weiterzugeben. Der Herrgott aber möge die kommenden Jahrzehnte der Vereinsgeschichte und darüber hinaus so gestalten, dass der Chronist in Zukunft nur von einem glückhaften und friedlichen Verlaufe berichten kann.
Das ist der Wunsch, den der Vorstand des „St. Jakobi-Bürgerschützenvereins Oeding“ am Jubelfeste des Jahres 1956 der kommenden Zeit mit auf den Weg gibt – Das walte Gott!
Quelle: Festschrift zum 150-jährigen Jubiläum des St. Jakobi-Schützenvereines Oeding (leicht modifiziert)
Der Wunsch des Chronisten Bernhard Krüger in der Festschrift zum 150-jährigen Jubiläumsfest im Jahre 1956, die folgenden Jahrzehnte mögen einen friedlichen und glückhaften Verlauf nehmen, hat sich bis zum 200-jährigen Vereinsjubiläum im Jahre 2006 erfüllt.
Die Festfolge
Die Schützenfeste wurden in den folgenden Jahren alljährlich in der gewohnten Weise gefeiert: Dem Namen des Schutzpatrons entsprechend findet das Schützenfest bis heute immer am Wochenende nach dem Namenstag des Hl. Jakobus in der letzten Juliwoche statt. Begonnen wird das Fest am Samstagabend mit dem Festgottesdienst in der Pfarrkirche. Es folgt anschließend die Totenehrung und der Große Zapfenstreich am Kriegerehrenmal im Dorfkern. Ein Höhepunkt stellt nach wie vor der Festumzug mit Parade am Sonntag-nachmittag auf der Mühlenstraße sowie der Festball am Abend dar. Der Montagmorgen beginnt mit dem Wecken durch den Oedinger Spielmannszug, anschließend erfolgt das Vogelschießen. Den Abschluß eines jeden Schützenfestes bildet der Krönungsball am Montagabend.
Die Vorstände
Zum Zeitpunkt des 150-jährigen Jubiläumsfestes im Jahre 1956 stand Josef Hoeper dem Schützenverein als Präsident vor. Karl Schulten errang die Königswürde und nahm Karola Kribbel (heute Borchers) zur Königin. Zum Vorstand gehörten daneben in den folgenden Jahren Lambert Otto als Stellvertreter, Hermann Kamps und Heinrich Beckmann, der Kassierer Johann Luikenhuis, der Schriftführer Antonius Schmitz, Willi Lichtendahl und der Zeremonienmeister Leo Janssen an. Höchster Offizier als Oberst war Josef Thesing, Bernhard Hoeper bekleidete das Amt des Majors.
Im Jahre 1975 legte der langjährige Präsident Josef Hoeper aus Altersgründen sein Amt nieder. Er hat dem St. Jakobi-Schützenverein über viele Jahrzehnte vorgestanden und ihn mit seiner Persönlichkeit entscheidend geprägt. Mit ihm schieden gleichzeitig die Vorstandsmitglieder Lambert Otto, Johann Luikenhuis und Leo Janssen aus. Auf der Generalversammlung des Jahres 1975 wurde Otto Hemsing zum neuen Präsidenten und Ernst Harmeling zum Vizepräsidenten gewählt. Egon Becker übernahm von Johann Kuikenhuis das Amt des Kassierers, Josef Upgang wurde neuer Zeremonienmeister, der zuvor bereits Leutnant und Vorsitzender der Brückenkopf-Kompanie gewesen ist.
Otto Hemsing schaffte es im Jahre 1982, als Präsident den Vogel abzuschießen und somit König des Vereins zu werden. Auf der Generalversammlung 1983 stellte er sein Amt zur Verfügung und schlug Ernst Harmeling als seinen Nachfolger vor, der ebenso wie Alfons Wansing als Vizepräsident von der Versammlung einstimmig gewählt wurde.
Nur zwei Jahre nach Übernahme des Präsidentenamtes kam Ernst Harmeling im April 1985 für alle unfaßbar bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben. Vizepräsident Alfons Wansing übernahm das Amt des Präsidenten, Gerd Hermanns wurde neuer Vizepräsident.
Ein ebenfalls trauriges Jahr für den Schützenverein war das Jahr 1987, in dem die beiden ehemaligen Präsidenten Josef Hoeper und Otto Hemsing in aller Ehre zu Grabe getragen wurden.
1999 beerbte Paul Valtwies Josef Upgang als Zeremonienmeister. Aber auch in den Kompanien standen Neuwahlen an. Nachfolger von Josef Lütjann als Vorsitzenden der Brückenkopf-Kompanie wurde Bernd Schüring. Peter Rotz blieb weiterhin Vorsitzender der Oranien-Kompanie, Franz Hayk Vorsitzender der Senioren-Kompanie. In der Jakobi-Kompanie stellte Otto Harmeling sein Amt des ersten Vorsitzenden zur Verfügung, einstimmig gewählt wurde Helmut Paß zum neuen Vorsitzenden. Nach über 30-jähriger Kompanietätigkeit wurde Otto Harmeling zum Ehren-Vorsitzenden der Jakobi-Kompanie gewählt.
Ein Generationswechsel vollzog sich dann im Jahre 2002. Alfons Wansing gab das Amt des Präsidenten nach 16 Jahren an Christian Albers weiter. Für Gerd Hermanns kam Richard Terschluse als neuer Vizepräsident in den Vorstand. Beide repräsentieren den Verein auch im Jubiläumsjahr 2006. Alfons Wansing wurde durch Beschluß der Generalversammlung 2002 einstimmig zum Ehrenpräsidenten des Vereins benannt.
Die Protokollführer
Eine besondere Leistung wurde und wird seit Jahren von den Protokollführern erbracht. In den alljährlichen Generalversammlungen wird über den gesamten Jahresablauf in allen Details in fröhlicher Atmosphäre berichtet. Ernst Otto, der zwischenzeitlich auch das Amt des Zeremonienmeisters bekleidete, machte hierbei den Anfang, Rudi Bongert setzte dieses fort. Nach Manfred Wanning berichtet nun Dietmar Hornig über die Geschehnisse der einzelnen Jahre.
Die Stabsoffiziere
Innerhalb des Offizierscorps wurde der erste Oberst nach dem Krieg, Josef Thesing, von Heinrich Lefting abgelöst, der nach seinem Ausscheiden zum Ehrenoberst ernannt wurde. Sein Nachfolger im Amt wurde im Jahre 1980 Walter Hoeper, der diese Funktion fast 20 Jahre ausübte. Er übergab dieses Amt im Jahre 1999 an seinen langjährigen Adjutanten, Werner Rademacher, der seit dieser Zeit amtierender Oberst des Schützenbataillons ist.
Erster Major in den Nachkriegsjahren war Bernhard Hoeper, der dieses Amt auch schon vor dem Zweiten Weltkrieg ausgeübt hatte. Sein jahrelanges Engagement für den Schützenverein “endete” in der Beförderung zum General. Seine Nachfolger waren Heinrich Stovermann und Franz Tummel. Im Jahre 1984 übernahm Hugo Leiting den Posten des Majors. Auf dessen maßgebliche Initiative hin wurde zur Einweisung neuer Offiziersanwärter und zur Verbesserung der Befehlsausgabe das Offiziersüben eingeführt, das seit dieser Zeit zu einer regelmäßigen Einrichtung geworden ist und immer vier Wochen vor dem Schützenfest auf dem Hof Josef Lütjann stattfindet. Hier werden die letzten Kommandos für das bevorstehende Schützenfest eingeübt. Das amtierende Königspaar und alle Vorstandsmitglieder können sich dann als Manöverbeobachter von der hervorragenden Beschaffenheit des Offizierscorps überzeugen. Verantwortlich waren und sind hierfür immer Oberst und Major. Aus gesundheitlichen Gründen übergab Hugo Leiting nach 20-jähriger Tätigkeit die Funktion an Helmut Tecker, der dieses Amt auch im Jubiläumsjahr innehat.
Die Fahnenoffiziere und Fahnenhäuser
Eine eingeschworene Truppe innerhalb des Offizierscorps stellen die Fahnenoffiziere dar, die die historischen Vereinsfahnen präsentieren. So dominierte zum Beispiel in den sechziger und siebziger Jahren der Kegelclub “Blaue Wolke” das Geschehen der Fahnenoffiziere.
Die wertvollen Vereinsfahnen waren über viele Jahre im Hause des Präsidenten Josef Hoeper untergebracht. Danach wurde die Funktion des Fahnenhauses von der Familie Hubert und Klara Thesing wahrgenommen. Seit dem Jahre 1981 werden die Fahnen von Otto Paß als Fahnenoffizier und seiner Ehefrau Rita als „Fahnenmutter“ betreut.
Umstrukturierung und Gründung der Kompanien
Eine grundlegende Umstrukturierung innerhalb des St. Jakobi-Schützenvereins erfolgte im Jahre 1963: Franz Tummel, langjähriger Hauptmann und bis zum Jahre 1984 Major des Vereins, hatte eine Aufteilung des St. Jakobi-Schützenbataillons in einzelne Kompanien - entsprechend den örtlichen Gegebenheiten - angeregt und zur Diskussion gestellt. In der Folgezeit kam es dann zur Gründung von 3 Kompanien, und zwar der Jakobi-Kompanie mit ihrem ersten Vorsitzenden Hermann Kamps, der Oranien-Kompanie mit ihrem ersten Vorsitzenden Willi Tegeler und der Brückenkopf-Kompanie mit ihrem ersten Vorsitzenden Bruno Hecker. Die ersten Vorsitzenden, die von den Kompanien in eigener Verantwortung gewählt wurden, gehörten fortan auch dem geschäftsführenden Gesamtvorstand an.
Gründung der Senioren-Kompanie
Unter der Amtszeit von Alfons Wansing gelang es nach einigen Anläufen im Jahre 1991, eine Senioren-Kompanie auf die Beine zu stellen, die sich seitdem positiv entwickelt hat. In der Senioren-Kompanie fühlen sich alle älteren Schützen und auch die meisten ehemaligen Funktionsträger sehr wohl. Die Seniorenkompanie ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Festumzuges geworden und führt in jedem Jahr das Schützenbataillon an.
Das Festzelt und die Mehrzweckhalle
Nach einigen Standortwechseln in den fünfziger und sechziger Jahren stand das Festzelt seit Mitte der sechziger Jahre in der Nähe des Kirmesplatzes, wo auch parallel zum Schützenfest die Oedinger Kirmes stattfand. Während der Amtszeit von Präsident Otto Hemsing und Vizepräsident Ernst Harmeling kam unter den größeren Vereinen des Ortes der Gedanke an den Bau einer großen Halle auf, in der Sport, große Versammlungen, Veranstaltungen und auch Feste abgehalten werden konnten. Das Schützenfest stand hierbei natürlich auch mit im Vordergrund der Überlegungen. Man setzte sich mit anderen Vereinen und Verbänden zusammen, und die Planungen nahmen konkrete Formen an. Die Gemeindeverwaltung übernahm dann alles weitere. Eine Kostengrenze von 1 Million DM mußte dabei eingehalten werden. Hinzu kamen 100.000,- DM an Geldspenden und 100.000,- DM an Eigenleistung von den Vereinen.
Im Jahre 1980 wurde dann das erste Schützenfest in der neu errichteten Mehrzweckhalle gefeiert. Viele Aktive des Schützenvereins hatten im Vorfeld dazu beigetragen, aus der neuen Mehrzweckhalle eine Festhalle zu machen. König Franz Leiting und Königin Franzis Weyer bestiegen sonntags als erstes Regentenpaar den Thron in der neuen Festhalle, Ludwig Harmeling (“Heja Bake Lu”) war es dann am Montagmittag vergönnt, als erster König auf Schultern in die Halle getragen zu werden.
Das Vogelschießen und die Vogelstange
Das traditionelle Vogelschießen wurde zunächst weiterhin im Oedinger Busch abgehalten. Dem damaligen Dorfpolizisten, Erich Schäffer, war es vergönnt, als letzter König 1969 den Vogel im Oedinger Busch von der Stange zu holen. Im Jahre 1970 spielte das Wetter nicht mit. Es konnte im Busch nicht geschossen werden. Der Vorstand mußte am Montag-morgen in Aktion treten, und die Vogelstange wurde kurzerhand am Festzelt aufgestellt. Da auch in den Folgejahren die Witterung ein Vogelschießen im Oedinger Busch nicht zuließ, wurde fortan jedes Jahr vom Festzelt aus geschossen. Viele Schützen trauern der schönen Atmosphäre im Oedinger Busch heute noch nach. Die Schausteller allerdings begrüßten den Umzug, weil die Oedinger Volkskirmes nun auch den ganzen Montag geöffnet war.
Wie in vielen anderen Bereichen kam auch auf den Schützenverein eine Flut neuer Vorschriften und Regelungen zu. So wurde ab dem Jahre 1983 ein Vogelschießen ohne Kugelfang und Gewehrhalterung behördlicherseits nicht mehr zugelassen. Kurzfristig mußte für das Schützenfest 1983 eine mobile Vogelstange mit Kugelfang vom Schützenverein aus Ramsdorf ausgeliehen werden. Im Jahre 1984 konnte der St. Jakobi-Schützenverein dann eine eigene, stationäre Vogelstange mit Kugelfang in unmittelbarer Nähe der Mehrzweckhalle errichten und in Betrieb nehmen. Der seinerzeitige Schießmeister Felix Hying stellte die Materialien zur Verfügung und die Handwerker im Verein wie z. B. Familie Tecker sorgten für die Fertigstellung. Allein der Transport und das Aufstellen der Vogelstange war bereits ein kleiner Festakt.
Die Schützenfest-Wirte
Traditionell wurde und wird noch heute die Bewirtung an allen Schützenfesttagen ausschließlich von Oedinger Wirten durchgeführt. Während früher der Wirtschaftsbetrieb für das jeweilige Schützenfest in jedem Jahr im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung vergeben wurde, erfolgte seit dem Jahre 1976 eine Vergabe nach schriftlicher Angebots-einreichung, wobei der jeweils meistbietende Wirt den Zuschlag erhielt. In den sechziger und siebziger Jahren wurde der Wirtschaftsbetrieb des Schützenfestes in ununterbrochener Reihefolge von dem Hotelier Edgar Paß ausgeführt. Danach wechselten sich die Oedinger Wirte in verschiedener Reihenfolge - je nach Höhe ihres Gebotes - ab.
Die Pferdekutschen und die Pferde
Schon seit dem ersten Nachkriegsschützenfest verschönerte der holländische Pferde- und Kutschenhalter, Arie van der Putten, aus dem benachbarten Winterswijk mit seinen prachtvollen Pferdegespannen die Festumzüge an den Schützenfesttagen. Nach dem Tode von Arie van der Putten werden die Kutschengespanne seit dem Jahre 1989 vom Reit- und Fahrverein Südlohn-Oeding gestellt.
Während früher die berittenen Offiziere bei den Umzügen an den Schützenfesttagen auf die Pferde der örtlichen Landwirte zurückgriffen, werden die Pferde seit dem Jahre 1978 einheitlich durch das Gestüt Schwenkhorst aus Haldern gestellt. Damit - neben den Kommandos - auch das Führen der Pferde durch die Stabsoffiziere reibungslos funktioniert, nehmen diese seit einigen Jahren mit großem Erfolg vor dem Schützenfest Reitunterricht. Gott sei Dank haben bislang alle Pferde überlebt...
Schützenfest-Üben
Zur Freude der Schützen und der Bevölkerung wird seit dem Jahre 1991 das traditionelle Schützenfest-Üben, das immer am Sonntag vor dem Schützenfest stattfindet, wieder im Oedinger Busch an historischer Stätte begangen.
Befreundete Schützenvereine
Seit jeher unterhält der Schützenverein gute, freundschaftliche Beziehungen zu den Nachbarvereinen aus Oeding-Nichtern, Südlohn, Weseke und Burlo. Nicht nur an den gegenseitigen Besuchen und Abordnungen auf den jeweiligen Schützenfesten und den geschlossenen Freundschaften untereinander kann man dieses erkennen.
Im Jubiläumsjahr 2006 und darüber hinaus werden Vorstand und Offiziere des St. Jakobi-Schützenvereins die guten Vorsätze, die schon der Chronist Bernhard Krüger 1956 festgehalten hat, weiterführen und alle Jahre wieder das Fest gestalten gemäß den Worten, die die Präsidenten seit jeher in ihren Festansprachen verwendet haben:
„Wir wollen feiern in Eintracht, mit Frohsinn und in Brüderlichkeit.“